02.04.2019
„Neues Jahr – altes Regime“. Das erste Quartal stand im Zeichen der Erholung. Die Zentralbanken zeigen sich nachsichtig und sorgen weiterhin für genügend Liquidität.
Retter in der Not
Nach der doch kräftigen Korrektur im 4. Quartal 2018 kam es kurz vor Jahresende (26. Dez. beim S&P 500 und am 28. Dez. beim Dax) zum Start einer Gegenbewegung, welche über die nächsten rund drei Monate anhalten sollte. Nebst einer technisch überverkauften Situation war vor allem gegen Ende Dezember der Wechsel der Zentralbanken – prioritär vom US-Fed, zurück zur tendenziell lockeren Geldpolitik – ausschlaggebend. Die Zinsen dürften weiter ansteigen, jedoch gemächlicher als angekündigt und erwartet. Die Märkte haben verstanden, dass wenn die Wirtschaft ins Stocken gerät oder die Börsen ins Taumeln geraten, die Zentralbanken weiterhin als Feuerlöscher zuverlässig zur Stelle stehen.
Mit Jahresbeginn lässt sich auch ein kurzer Rückblick auf das vergangene Jahr bewerkstelligen: Vor Jahresfrist äusserten sich viele Ökonomen und Marktberichterstatter durchwegs positiv. Es war die Rede vom synchronisierten globalen Wachstum und die Rückkehr von Inflation wurde angekündigt. Die US-Fed hat die Zinsen im Jahresverlauf ansteigen lassen und die Bilanz verkürzt. Wichtige Widerstände sind durchbrochen worden, so zum Beispiel die Rendite der 10-jährige US-Treasuries, welche anfangs Oktober die Marke von 3.2% geknackt hat. Dann kam es anders. Mit getrübten Ausblick für die kommenden Quartale und einer sich verknappenden Liquidität drehten die Märkte mit Beginn vom Oktober (EZB hat ebenfalls begonnen, das Kaufprogramm zu reduzieren).
Nun scheinen wir wieder zurück zu sein im alten Fahrwasser: Tendenziell tiefen Zinsen und Zentralbanken, welche die Märkte weiterhin mittels genügend Liquidität stützen. Es fällt schwer, aus der 2011 ins Leben gerufenen Politik vom monetären Stimulus Abschied zu nehmen.
Auf die Regionen runtergebrochen hat Asien mit dem Shanghai Composite Index am meisten zulegen können, rund 25% fürs Quartal. Dies hauptsächlich aufgrund der sich potentiell aufhellenden Gespräche bezüglich dem Zollstreit zwischen den USA und China.
Die US-Märkte konnten ebenfalls kräftig zulegen, knapp 20% für den Dow Jones Index, und die europäischen Märkte folgten generell mit einem kleinen Abschlag gegenüber den USA.
Europa und seine exportorientierten Nationen scheinen inzwischen eher China ausgeliefert zu sein und spüren somit Änderungen der verfügbaren Liquidität oder Anpassung der Wirtschaft (inklusive Auswirkungen vom Zollkrieg).
Zinsen
Auf der Zinsseite kam es zu einer nochmaligen Verflachung der Zinskurve bis jüngst zu einer inversen Zinskurve in den USA. Statistisch gesehen steigt bei einer solchen Konstellation die Wahrscheinlichkeit auf eine Rezession und einer Aktienmarktkorrektur.
Mit dem etwas düsteren Ausblick hinsichtlich Wachstum ab dem 4. Quartal 2018 haben sich auch die Renditen von längerlaufenden Anleihen gesenkt. Die Situation, wie sie sich heute präsentiert, könnte von einem Blickwinkel der Zentralbankpolitik wieder zurück zu den Anfängen hin deuten, nämlich als die monetäre Stimulierung der Wirtschaft (QE) begonnen hat.
Die Märkte erwarten, das die USA die Zinsen noch etwas weiter anziehen werden, aber viel mehr wird nicht kommen. Die restlichen Zentralbanken hängen am Tropf der USA und werden tendenziell zusätzliche Liquidität zur Verfügung stellen. Denn niemand möchte in einem Umfeld mit mässigem oder rückläufigem Wachstum eine starke Währung haben. So gesehen haben wir zwar eine sich verflachende Zinskurve, aber wahrscheinlich weiterhin genügend monetären Stimulus, was Unterstützung für die Finanzmärkte mit sich bringt.
Unternehmen / Sektoren
Alle Sektoren konnten übers erste Quartal Terrain gut machen (der Telekom Sektor EuroStoxx600 bewertet in USD konnte nicht richtig zulegen). Am stärksten aufwerten konnten die Grundversorger sowie auch die Edelmetalle. Die Banken haben – einmal mehr – einen schlechten Eindruck hinterlassen und sind unter dem Strich nur marginal höher notiert.
Über die letzten beiden Quartale zusammen gesehen konnten defensive Werte – hauptsächlich der Sektor der Grundversorger – am meisten zulegen. Mit stabilem, nicht sehr zyklischen Geschäftsgang und i.d.R. relativ hohen Dividendenausschüttungen scheinen diese Titel in Zeiten von Niedrigzinsen eine beliebte Alternative zu sein. Der Markt scheint somit nicht an eine baldige Änderung der Situation der tiefen Zinsen zu glauben und investieren entsprechend, um das fehlende Einkommen auf der Zinsseite wettmachen zu können.
Der Ölpreis hat den Absturz mit Beginn des letzten Quartals 2018 beenden und mit Jahresbeginn 2019 sich wieder etwas erholen können. Nebst anderen Gegebenheiten, könnte das Öl mittelfristig von einem tendenziell schwächeren US-Dollar profitieren (US-Fed nahe am Ende vom Zinsanstieg?).
Die Erholung auf dem Index-Level hat noch nicht alle Titel mit sich genommen. Es gibt immer noch einzelne Werte, welche von einer Bewertungsperspektive wie auch aufgrund technischer Gegebenheiten attraktive Käufe darstellen. Zum Beispiel Swatch: der Schweizer Uhrenhersteller hat von den Höchstständen rund die Hälfte seiner Kapitalisierung verloren und konnte jüngst nur moderat zulegen, was nicht zuletzt auch den Absatzschwierigkeiten z.B. in China geschuldet ist. In unseren Augen ist der Titel relativ günstig zu haben und mittelfristig dürfte sich ein Kauf lohnen.
Es gibt eine Reihe weiterer Titel (BASF, U-Blox, Sulzer, Continental, Hochdorf, etc.) die sich zu Käufen anbieten oder wir als interessant erachten. So gesehen hat sich die Situation für den Investor gebessert, denn die letzte Korrektur und die jüngste Erholung haben einige Titel mit beträchtlichem Kurspotential hinterlassen. Unter anderem ist dies unserer Meinung nach auch der Liquidität am Markt geschuldet, welche wir hier bereits an früherer Stelle beschrieben haben (agent money und passives Investieren).
Markttechnik
Nach einem Jahr der Korrektur 2018 könnte 2019 wiederum ein Jahr einer gewissen Erholung werden. Das erste Quartal hat bereits den Anfang gemacht, voraussichtlich dürften wir im Verlaufe des Jahres – demnächst – wiederum Gewinnmitnahmen sehen. Technisch gesehen ist der langfristige Aufwärtstrend noch im Tun, wie mehrmals im Navigator erwähnt, jedoch bereits weit fortgeschritten, sprich in der Endphase. Wie lange diese dauert, ist noch offen.
In den Varianten wie auf den beiden abgebildeten Charts dargestellt, wäre die Korrektur abgeschlossen und Märkte bereits im ersten Schritt nach oben unterwegs. Wie im ersten Teil dieses Briefes beschreiben, dürfte dieses Jahr von der Gewinnentwicklung bzw. dem Wirtschaftsverlauf und anderseits von der Politik der Zentralbanken bestimmt werden. Läuft die Wirtschaft schwächer und die Zentralbanken setzen ihren Kurs der Normalisierung fort, dürfte die Korrektur noch weiterlaufen. Ansonsten ist mit Volatilität, aufgrund der vorhin beschriebenen Konstellation, zu rechnen und unter dem Strich mit anziehenden Kursen (weil die Wirtschaft nicht zusammenbricht und der finanzielle Stimulus bestehen bleibt).
Ausblick
Obwohl die Märkte seit Anfang 2018 eine Korrekturphase durchlaufen haben und dies auch der Beginn eines Bärenmarkts sein könnte, bleiben wir zunächst zuversichtlich. Nachdem man davon ausgehen kann, dass die Zentralbanken zukünftig die Intensität von Zinserhöhungen und Bilanzverkürzung abschwächen, und die Wirtschaft schwächer aber immer noch expansiv unterwegs sein wird, dürfte unter dem Strich für die Aktienmärkte noch Potential nach oben übrig bleiben. Die stets wachsende Schuldenlast (USA: USD 22 Bio.!) dürfte früher oder später zu einem (weiteren) Anstieg der Risikoprämien führen, was auch die länger laufenden Zinsen ansteigen lassen sollte. Fundamental ist die Lage nicht glänzend, aber via Zentralbanken lässt sich so manches vorerst gerade biegen. Betrachtet man die Situation in Japan, sieht man, was noch alles möglich wäre. Der ehemalige Fed-Präsident Ben Bernanke hat sich bereits dazu prominent zu möglichen Szenarien geäussert (Helikopter-Geld). Aktien bleiben schwankungsanfällig, längerfristig im bekannten Umfeld als Investition jedoch beinah alternativlos.
Ihre EDURAN AG
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